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Baum erklimmen, Zapfen ernten
Erstelldatum25.08.2023
Im Waldkircher Stadtwald waren vergangene Woche Baumkletterer in bis zu 45 Metern Höhe am Werk. Sie haben Douglasienzapfen geerntet, deren Samen bei Baumschulen sehr begehrt sind.
Kristian Roß ist bereits 20 Meter den Stamm der von ihm ausgewählten Douglasie hochgeklettert, aber die Krone, in der er die begehrten Zapfen des Baums ernten möchte, ist noch immer weit über ihm. Bis auf 45 Meter müssen er und seine vier Kollegen die 60 bis 100 Jahre alten Douglasien im Distrikt „Buchholzer Wald“ bei Waldkirch mittels Seilklettertechnik hochsteigen, stets gut gesichert und mit Säcken für die Zapfen sowie diversen Erntehilfsmittel beladen. Auch Proviant, Wasser und ein Fläschchen mit Speiseöl werden mit nach oben genommen, denn bei bis zu 150 Kilogramm Zapfen pro Baum kann es mehrere Stunden dauern, bis ein Baum abgeerntet ist. Da kann man schon mal Hunger und Durst bekommen, bevor man wieder auf dem Waldboden zurück ist. Das Öl benötigen die Zapfenpflücker, um die Hände wieder frei vom Harz der extrem klebrigen Zapfen zu bekommen.
Bäume müssen zum Beerneten geprüft und zugelassen werden
„Die Bestände, in denen geerntet werden darf, werden im Voraus von den Förstern ausgesucht und nach einem mehrstufigen Auswahlverfahren durch die zuständige Stelle beim Regierungspräsidium Freiburg zur Beerntung zugelassen - sofern sie die erforderlichen Kriterien dafür erfüllen“, erklärt Thomas Groß, Förster im Forstamt des Landratsamts und außerdem Forstvermehrungsgutbeauftragter für den Landkreis Emmendingen, das Vorgehen. „Der ausgewählte Erntebestand muss von überdurchschnittlicher Qualität sein, und pro Bestand müssen mindestens 20 Bäume abgeerntet werden. Dies ist erforderlich, um für die spätere Nachzucht von Forstpflanzen eine möglichst große genetische Vielfalt zu gewährleisten.“ Ansonsten bestünde die Gefahr, dass alle Douglasien von einem oder nur wenigen Bäumen abstammen könnten. Um dies zu verhindern, und auch um stets über die Herkunft des Samens und der später daraus gezogenen Pflanzen Bescheid zu wissen, wird für das Saatgut eines Erntebestands zur Begleitung und Identifizierung eine Art Geburtsurkunde ausgestellt, das Stammzertifikat. „Außerdem wird von jedem Baum eine Rückstellprobe von zehn Zapfen genommen und bei einer unabhängigen Zertifizierungsstelle aufbewahrt, um den Ursprung des Vermehrungsguts im Zweifelsfall vom Baum bis zum Samenkorn zurückverfolgen und nachweisen zu können“, so Thomas Groß.
Ob es sich überhaupt lohnt, die 60 bis 100 Jahre alten Bäume zu erklimmen, wird vorab geprüft. Bereits Ende Juni haben der örtlich zuständige Förster und Leiter des Städtischen Forstbetrieb Dieter Loos und sein Mitarbeiter Nico Zink geschaut, ob die potentiellen Erntebäume genügend Zapfen tragen. Ist dies der Fall, werden vor einer Beerntung außerdem einige „Versuchszapfen“ aufgeschnitten und die Zahl der keimfähigen Samen gezählt. Bei weniger als drei pro Zapfen lohnt sich eine Beerntung nicht.
Mehr als 1,5 Tonnen in drei Tagen geerntet
Die Douglasien-Zapfen im Waldkircher Stadtwald enthalten dieses Jahr - im Gegensatz zu anderen Bereichen desselben Herkunftsgebietes - genügend gesunde Samen, deshalb konnte die Ernte durch das Baumkletterteam um Kristian Roß im Auftrag eines bayrischen Forstsaatgut-Betriebs durchgeführt werden. Mehr als 1,5 Tonnen haben die fünf Zapfenpflücker in drei Tagen geerntet. Jeden Abend nach Einbruch der Dunkelheit hat Stadtförster Loos die Tagesernte entgegengenommen und das Gewicht in einem Erntebuch vermerkt, bevor die Zapfen in luftdurchlässige Säcke abgefüllt wurden. Nach Abschluss der Beerntung und Beurkundung durch Thomas Groß wurden die Zapfen zur Saatgutfirma transportiert, wo daraus nun in einem speziellen Verfahren der reine Samen gewonnen wird: in einer Klenge oder Darre werden die Samen durch Trocknung und Rotation aus dem Zapfen herausgelöst und gereinigt. Anschließend wird das Saatgut, das auch einige Jahre lagerfähig ist, an Forstbaumschulen verkauft, die daraus kleine Bäumchen ziehen. Bis zu 400.000 Stück können nun aus der Waldkircher Zapfenernte erzeugt werden. Nach zwei bis drei Jahren Anzucht in der Baumschule werden diese dann wieder in Wäldern ausgepflanzt. So schließt sich der Kreis.