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Nachhaltigkeit als Zukunftschance im Landtourismus
Der Landkreis Emmendingen ist eine Region, in der man gerne Urlaub auf dem Bauernhof macht. Vor allem im Zweitälerland und in Freiamt ist diese Form des Urlaubs beleibt. Auch die Nachhaltigkeit spielt bei den Urlaubenden eine große Rolle – da können die Ferienhöfe vieles lernen, um noch nachhaltiger zu werden. Dazu gab es eine Online-Vortragsreihe und Fachexkursionen, bei denen sich die Teilnehmenden zu diesen Themen rund um den Landtourismus austauschten.
Bewusst Urlaub machen - Nachhaltigkeit berücksichtigen
Nachhaltiger Tourismus ist gefragter denn je. Immer mehr Urlauber verreisen gerne energie- und klimaschonend, das Umwelt-Bewusstsein der Feriengäste wächst stetig. Reisende wünschen die Nutzung lokaler Ressourcen, Energieeffizienz, Produkte vom Hof oder nachhaltige Ausstattung, um sich wohlzufühlen. Auch der Wunsch nach der Begegnung mit dem echten Leben vor Ort steht bei Reisenden hoch im Kurs. Kaum eine andere Urlaubsform steht mehr für Nachhaltigkeit als Urlaub auf dem Land. Für landwirtschaftliche Betriebe gilt es daher umso mehr die Möglichkeiten und Chancen einer nachhaltigen Ausrichtung im Ferienbetrieb und auf dem Hof anzugehen und auszubauen.
Die Landratsämter Breisgau-Hochschwarzwald und Ortenaukreis luden Mitte November in Kooperation mit den Unteren Landwirtschaftsbehörden der Landratsämter Emmendingen, Konstanz, Lörrach, Rottweil, Schwarzwald-Baar-Kreis, Tuttlingen und Waldshut zu einer Online-Fachtagung mit Experten und Berufskolleginnen und -kollegen rund um das Thema Nachhaltigkeit auf Ferienhöfen ein. Ergänzt wurde der theoretische Input durch mehrere Exkursionen mit Praxisbeispielen vor Ort.
Exkursion im Ortenaukreis
Im Ortenaukreis ging es auf drei Ferienhöfe, die Ihren Gästen Urlaub mit ökologischem Mehrwert bieten und nachhaltige Ideen umsetzen. Die über 20 Teilnehmenden aus ganz Südbaden waren alle neugierig wie andere das Thema Nachhaltigkeit auf ihren Höfen umsetzen und hatten Gelegenheit sich mit Berufskollegen austauschen. Lydia Lehmann und Adrian Bürkle vom Landwirtschaftsamt Offenburg organisierten und begleiteten die Exkursion. „Es geht einem das Herz auf, wenn man in diese Landschaft kommt“, so begrüßte Landrat Frank Scherer die Gruppe zum Start der Exkursion auf dem Weinbaubetrieb von Ingrid und Winfried Laible in Durbach. Er hob die Bedeutung der Einkommenskombinationen in den Betrieben hervor. Durch verschiedene Standbeine gelinge es den Höfen den Strukturwandel zu bestehen. Er lobte die Innovationsbereitschaft und das Engagement der Ferienhofbetreiber, um sich für die Zukunft fit zu machen und die Leistungen der Landwirte und Winzer für den Erhalt dieser einzigartigen Kulturlandschaft.
Stillvoll und nachhaltig mit eigenem Holz und eingelagertem Sandstein
Winfried Laible, „Winzer aus Überzeugung“, wollte nach der Betriebsübernahme eines Gemischtbetriebes 1991 etwas Innovatives, in die Zukunft weisendes aus seinem Betrieb machen und hat den Obst-, Weinbau und Ferienwohnungen zu seinen Schwerpunkten gemacht. Mit viel Leidenschaft und Einsatz hat die Familie den Betrieb vielseitig und nachhaltig aufgestellt. Zu Obst- und Weinbau samt eigener Brennerei kam ein Hofladen dazu, wurde ein Backraum eingerichtet und 2022 werden zwei der drei Ferienwohnungen modernisiert. Nachhaltigkeit war bei Laibles immer im Blick. Der urige Eventraum für bis zu 30 Personen wurde an der Stelle eines alten Schopfes mit vorhandenen alten Abbruchmaterialien wie Sandstein und mit regionalen Materialien neu erstellt und eingerichtet. „Es sollte etwas Besonderes werden, Gemütlichkeit ausstrahlen“, so Wilfried Laible. Die Familie entschied, das eigene Kirschbaumholz in die Möbel hinein zu verarbeiten. Im Obst- und Weinbau arbeitet Laible nach dem integrierten Ansatz, verzichtet auf die offene Bodenbearbeitung, baut Humus auf und meidet Bodenversiegelung. Seit drei Jahren baut er Pilzwiderstandsfähige Rebsorten (PiWi) an.
Nachhaltig aufgestellt ist der Weinbaubetrieb auch in Sachen Energie. Der Strom wird mit der Photovoltaikanlage selbst erzeugt und gespeichert, Sonnenkollektoren bereiten das Heißwasser und an der hofeigenen E-Ladestation kann der Gast sein E-Auto tanken.
Denkmal trifft Moderne
Jochen Basler, Diplom-Ökonom, und Ehefrau Kirsten Pieper, Literaturwissenschaftlerin, übernahmen die Weinreben der Familie und gründen 2017 in Zell-Weierbach das eigene Weingut. Den eigenen naturbelassenen Wein „Naturwein“ vermarkten sie direkt über Gastronomie, Handel oder an Endkunden ab Hof und im Buchladen von Kerstin Pieper. Im denkmalgeschützten Hofgebäude, einem ortstypischen Fachwerkhaus, bauten sie zwei Ferienwohnungen ein und richteten im historischen Weinkeller einen Probier- und Verkaufsraum ein, in dem auch Literatur- und Musik-Events stattfinden. Sie berichteten den Teilnehmenden von den besonderen Herausforderungen während der Sanierung, den schiefen Wänden und unebenen Böden, die Lösungen von der Stange verhinderten und wie es gelang die Bausubstanz zu erhalten. Bei der Renovierung verwendeten sie traditionelle Baustoffe wie Lehm- und Kalkputz und natürliche Baumaterialien, versuchten zu erhalten, was möglich war und ließen Wände, Decken, Türen oder Holzböden fachgerecht von den regionalen Handwerkern aufarbeiten und somit alte Schätze in neuem Glanz erstrahlen. Kombiniert mit moderner, hochwertiger und langlebiger Einrichtung haben diese Wohnungen in alter Substanz eine besondere eigene Ausstrahlung.
Im Betrieb Basler-Pieper wird bisher vor allem die ökologische Nachhaltigkeit umgesetzt durch den Erhalt alter Bausubstanz, die Verwendung ökologischer und langlebiger Materialien, die Einrichtung mit Vollholzmöbeln, die Zusammenarbeit mit regionalen Handwerkern.
Ferienwohnung und Vesperstube in Vollholz
Letzte Station war der Schmalzenhof der Familie Neumaier, ein typischer Schwarzwaldhof auf 500m gelegen in einem Seitental von Hofstetten. Matthias Neumaier, gelernter Metzger und Landwirt, und Ehefrau Katharina haben den Betrieb 2023 übernommen. Der Schmalzenhof ist ein Ökobetrieb mit vielen Standbeinen wie Direktvermarktung, Urlaub auf dem Bauernhof, Vesperstube, Brennerei, Dauergrünland, Wald, Limousinmutterkühe und die Pferdezucht von Schwarzwälder Füchsen. Die Familie schlachtet ihre Rinder in der hofeigenen Schlachtstätte und vermarktet ihre Fleisch- und Wurstwaren, selbst gebackenes Brot und weitere selbst erzeugte Produkte im Hofladen. 2019 wird der denkmalgeschützte Kornspeicher zu einer Vesperstube mit Platz für 50 Personen umgebaut und im Dachgeschoss über der Vesperstube ist eine Ferienwohnung eingerichtet. Die Vesperstube ist in Vollholz – vorwiegend Altholz des alten Speichergebäudes – ausgestattet. Und die Ferienwohnung sind aus reinem, unbehandeltem Holz gebaut.
Beim Bau wird auf Metall so weit wie möglich verzichtet. Die Feriengäste seien begeistert vom Raumklima des unbehandelten Holzes und melden weiter zurück, „dass man ja gar keine Heizung anmachen muss“. Eingerichtet ist die Wohnung überwiegend mit Holzmöbeln - aus Kostengründen vom Möbelhandel und nicht vom Schreiner vor Ort. Nachhaltig ist auch die Energieversorgung auf dem Betrieb. Strom kommt von der Photovoltaikanlage auf dem Dach, geheizt wird mit Hackschnitzeln aus dem eigenen Wald, nur die Vesperstube ist über eine Fernwärmeleitung erschlossen. Das Wasser stammt von verschiedenen Quellen und wird mit Solar erwärmt. Etwa 80% der Gäste verpflegen sich in der Vesperstube und decken sich mit dem, was der Betrieb selbst erzeugt im Hofladen ein.