Nachrichten aus dem Landkreis: Landkreis Emmendingen

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Kommunen schlagen wegen zu vieler Aufgaben Alarm

Erstelldatum02.08.2024

Zu viele Aufgaben, zu geringe Finanzen, Probleme, genügend Personal zuu finden. In einem Pressegespräch in Emmendingen wurden Beispiele aus der Praxis benannt.

Bürgermeisterin Hannelore Reinbold-Mench, Oberbürgermeister Stefan Schlatterer und Landrat Hanno  Hurth sind sich einig: Die Kommunenen stellte das Trio Beispiele vor, warum die Kommunen überfordert sind und sich von Bund und Land allein gelassen fühlen.

„Die Lage der Kommunen ist prekär“ brachte es Landrat Hanno Hurth auf den Punkt. Auf die Kommunen kämen Aufgaben zu, deren Finanzierung nicht geklärt ist. Deshalb wollten sie – wie viele ihrer Amtskolleginnen und Kollegen im Land - auf die Probleme aufmerksam machen, die sich so landesweit in allen Gemeinden Städten und Landkreisen stellen.  Hannelore Reinbold-Mench informierte auch als Kreisvorsitzende der Bürgermeister des Gemeindetages Baden-Württemberg, der Emmendinger Oberbürgermeister Stefan Schlatterer sprach auch als Sprengelvorsitzender für die Region im Städtetag und Landrat Hanno Hurth vertrat die Interessen sowohl des Landkreises Emmendingen als auch des Landkreistags Baden-Württemberg.

Personal für Ganztagsbetreuung ist nicht vorhanden

Hannelore Reinbold-Menchen nannte zwei Beispiele, mit denen die Rathäuser konfrontiert sind: Die Ganztagsbetreuung an den Grundschulen ab dem Schuljahr 2026/2027 und die Umsetzung der Digitalisierung in den Städten und Gemeinden. Bei der Ganztagsbetreuung fehle es an Räumen, an Finanzmitteln, um Räume bauen zu können und „schlicht und einfach fehlt uns das Personal“. Die sogenannten Babyboomer verlassen den Arbeitsmarkt, selbst Ehrenamtliche für die Betreuung lassen sich kaum mehr finden. Oberbürgermeister Stefan Schlatterer pflichtete ihr bei: „Bevor man Gesetze macht, muss man schauen, ob sie auch umsetzbar sind“. Das bemängeln sowohl der Landrat als auch die Freiämter Bürgermeisterin und der Emmendinger Oberbürgermeister: Gesetze werden in Stuttgart und Berlin beschlossen, ohne zu prüfen, ob und wie es sich vor Ort in den Kommunen umsetzen lassen. „Wir können die Erwartungen und Versprechungen, die durch die Gesetze gemacht werden, nicht erfüllen“, bedauert Hannelore Reinbold-Mench.

Beim „Zukunftsthema“ Digitalisierung hakt es

Wo es ebenfalls hakt, ist die Digitalisierung: Anträge müssten zum Beispiel händisch unterschrieben werden, dann eingescant oder per Fax geschickt werden. „Die Systeme passen oft nicht zusammen“, bemängelt Hannelore Reinbold-Mench. Erschwert wird dies noch durch einige Ausführungen der Datenschutzverordnung und auch dadurch, dass der Arbeitsmarkt von IT-Fachkräften ziemlich leergefegt ist. Vermisst werden von den Kommunen hier einfache funktionable Lösungen. „Jedes Rathaus und jedes Landratsamt im Land muss hier eigene Lösungen entwickeln“, bedauert Oberbürgermeister Stefan Schlatterer. Dabei sollte Digitalisierung ein Zukunftsthema sein, dass für die Bürgerinnen und Bürger und die Verwaltungen zu Zeitersparnis, geringeren Kosten und Erleichterung bei der Bürokratie sorgen könnte.

Landkreis plagen hohe Defizite bei der Krankenhausfinanzierung

Landrat Hanno Hurth macht die Finanzierung der Krankenhäuser landesweit und besonders beim Kreiskrankenhaus Emmendingen große Sorgen. Über 80 Prozent der Kliniken im Land erwarten für 2024 ein Defizit. Für das Kreiskrankenhaus Emmendingen bedeutete dies im vergangenen Jahr ein Defizit von 1,2 Millionen Mark – für 2024 werden nach derzeitigem Stand rund sechs Millionen als Zuschuss aus dem Kreishaushalt benötigt.

Ursache dafür sind vor allem höhere Energiekosten und gestiegene Personalkosten. Das Land muss für die Investitionen aufkommen, der Bund für den Betrieb der Krankenhäuser. Doch es wird immer weniger erstattet, so dass der Landkreis in die Bresche springen muss. Früher hätten sich Bund und Land die Kosten zur Hälfte geteilt, jetzt sei die Situation so, dass der Landkreis ein Drittel finanzieren müsse. Dieses Geld muss über die Kreisumlage finanziert werden und fehlt damit sowohl dem Landkreis als auch den Kommunen für andere Aufgaben. Als Lösung fordert der Landrat, dass das Land die Investitionskosten landesweit um 300 Millionen Euro erhöhen muss. „Wir fordern ein sogenanntes Vorschaltgesetz, damit wir die Defizite erstattet bekommen“, betont der Landrat.

Neun zusätzliche Stellen wegen Bundesteilhabegesetz

Auch beim Bundesteilhabegesetzt bleibt der Landkreis auf Kosten sitzen. Menschen mit Behinderung erhalten keine pauschalen Leistungen mehr, sondern Unterstützung nach ihrem individuellen Bedarf, was Landrat Hanno Hurth grundsätzlich begrüßt, aber: „Zur Bearbeitung dafür mussten im Landratsamt Emmendingen neun zusätzliche Stellen geschaffen werden“, machte Hanno Hurth klar. Die Mehrkosten dafür betrugen im vergangenen Jahr 7,7 Millionen Euro, davon wurden dem Landkreis bisher etwas weniger als eine Million Euro erstattet.

Wohnraum für Geflüchtete auch wegen Integration erforderlich

Als Beispiele für die Große Kreisstadt Emmendingen nannte Stefan Schlatter die Abschaffung des Werkrealschulabschlusses und die Auswirkungen des G-9-Abschlusses, bei dem Kommunen allein gelassen werden. „Wir wissen nicht, wie viele Schülerinnen und Schüler wir haben weren und wie wir planen sollen“.

Ein Thema, das die Kommunen auch vor große Probleme stellt, ist die Unterbringung von geflüchteten Menschen. „Migranten brauchen langfristig Wohnungen. Sonst wird es mit der Integration schwierig, wenn Menschen in beengten räumlichen Verhältnissen leben“. Der Stadt fehlt wie anderen Gemeinden der Wohnraum, um diese Personengruppe unterzubringen, außerdem werden mehr Kindergarten- und Schulplätze benötigt.

Verständnis für die Sorgen der Kommunen wird vermisst

Was bei den drei Vertreterinnen und Vertretern von Landkreis, Städten und Gemeinden zu Verdruss führt, ist das Gefühl, nicht richtig gehört zu werden. „Wenn man etwas bemängelt, wird man freundlich angelächelt",  berichtet Hannelore Reinbold-Mench aus Begegnungen mit Politikern, da seien die politischen Farben egal. „Wir bekommen keine Antworten, wenn wir nachfragen“, bedauert sie.

Einen kleinen Lichtblick sehen Hanno Hurth, Hannelore Reinbold-Mench und Stefan Schlatterer in der sogenannten „Entlastungsallianz“, die zu weniger Bürokratie führen soll. So sind als eines der ersten Ergebnisse zum Beispiel durch geänderte Preisgrenzen weniger europäische Ausschreibungen erforderlich, was die Kommunen zumindest in diesem Punkt etwas entlastet.