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Vor 25 Jahren fegte der Sturm Lothar über Europa und sorgte in den Wäldern für enormen Schaden.
Am zweiten Weihnachtstag 1999 fegte der Orkan Lothar über den Landkreis Emmendingen hinweg und knickte vielerorts die Bäume wie Streichhölzer. „370.000 Kubikmeter Holz fielen dem Sturm allein im Landkreis Emmendingen zum Opfer, 1054 Hektar Wald wurden abrasiert und lagen zum Teil kreuz und quer. Die Fläche entspricht ungefähr 1500 Fußballfeldern“, erzählte Nils Uhlenhaut, Trainee beim Forstamt des Landratsamts Emmendingen. Er zeigte bei einem Termin im Sexauer Gemeindewald zusammen mit dem Privatwaldbesitzer Martin Gräßlin, was sich seitdem auf den betroffenen Flächen getan hat. Und das ist einiges. Die einst verwüsteten Flächen sind 25 Jahre später wieder dicht bewaldet. „95 Prozent der Bäume, die hier stehen, sind durch die sogenannte Naturverjüngung nachgewachsen oder waren damals als kleine Bäumchen vorhanden“, erklärte Uhlenhaut. Das heißt, die Arbeit wurde der Natur überlassen. Die Verjüngung erfolgt durch natürliche Prozesse wie das Auskeimen von Samen, die bereits im Boden vorhanden sind, oder durch Samen, die von bestehenden Bäumen in der Umgebung stammen. Nur einzelne Bäume am Wegrand und zum Teil im Bestand wurden gesetzt.
Große Vielfalt an Baumarten
„Nach Lothar hat es eine Veränderung in der Waldbewirtschaftung gegeben“, sagte Uhlenhaut. Es werde seitdem im Rahmen der naturnahen Waldbewirtschaftung noch konsequenter darauf geachtet, einen klimagerechten, stabilen, produktiven Mischwald aus Nadel- und Laubbäumen wachsen zu lassen, mit einer großen Vielfalt an Baumarten. Das habe mehrere Vorteile: Die entstehenden Bäume sind besser an lokale Bedingungen wie Klima und Boden angepasst. Es fallen keine Kosten für die Pflanzung oder die Aufzucht von Setzlingen an. Und die Naturverjüngung unterstützt die Biodiversität und fördert das natürliche Gleichgewicht im Wald. „Auf engstem Raum wachsen hier Lärche, Tanne, Douglasie, Buche, Eiche, Ahorn, Birke und Walnuss. Diese Vielzahl der Bäume konkurriert um das Licht. In den ersten Jahren beobachten wir die unterschiedlichen Wuchsverhältnisse“, sagte Uhlenhaut und zeigte auf ein kleines Stück Wald. Der, der die beste Vitalität und Standortsgerechtigkeit mit sich bringe, habe die besten Chancen sich zu einem gesunden und großen Baum zu entwickeln. Sobald das absehbar sei, werden die „Bedrängerbäume“ im Rahmen der Waldpflege sukzessiv entfernt. Die sogenannten Zukunftsbäume, die stehen bleiben, werden zum Teil auf dem unteren Drittel wertgeästet und entwickeln sich dann für die nächsten Hundert oder mehr Jahre zu Bäumen mit hoher Holzqualität.
Auch im Privatwald auf Naturverjüngung gesetzt
Auch Privatwaldbesitzer Martin Gräßlin hat nach Lothar auf die Naturverjüngung gesetzt, erzählte er in einem seiner Waldstücke bei dem Termin. Wobei seine Familie schon zuvor größtenteils diese Art der Waldwirtschaft betrieben habe. Er erinnere sich noch sehr gut an den Tag nach Lothar vor 25 Jahren. „So einen Anblick vergisst man nicht“, erklärte er bei dem Termin. Große Flächen waren einfach umgeknickt, Bäume, die vor 100 Jahren von seinen Vorgängern gesetzt und gehegt und gepflegt worden waren, lagen nun wie Streichhölzer übereinander. „Wir Waldbesitzer planen ja über viele Generationen, was ich heute setze oder wachsen lasse und versorge, kann erst von meinen Enkeln oder Urenkeln geerntet werden“ sagte er. Wenn dann innerhalb weniger Stunden diese Generationenarbeit zunichtegemacht werde, sei das niederschmetternd.
Funktioniert nicht immer
Das eine natürliche Verjüngung nicht immer funktioniert, zeigte Gräßlin am Beispiel eines seiner Waldstücke, auf dem in den vergangenen 25 Jahren kein einziger junger Baum nachgewachsen ist. „Hier ist der Wilddruck zu groß“, erklärte er als Grund dafür. „Die Rehe fressen die Sprösslinge ab, so dass die Bäume nicht wachsen können.“ Er plant hier nun, Douglasien zu setzen und abzuwarten, was zudem durch die Naturverjüngung dazwischen wächst. Zum Schutz vor dem Verbiss will er den Bereich einzäunen. Damit in weiteren 25 Jahren auch hier wieder Bäume stehen, die seine Nachkommen in 100 oder mehr Jahren ernten können.