Herzliche Begegnungen, viele politische Gespräche und Besichtigungstouren bei sehr heißem Wetter prägten das Reiseprogramm: Insgesamt sieben Tage vom 4. bis zum 10. September besuchte eine Delegation des Landkreises Emmendingen den israelischen Partnerlandkreis Drom Hasharon und Palästina. Zu der zwölf Personen zählenden Delegation gehören der ehemalige Landrat Dr. Volker Watzka, die Sprecher der Fraktionen im Kreistag Stefan Bilharz (Grüne), Pia Lach (SPD), Joachim Saar (CDU) und Fritz Schlotter (Freie Wähler), Landrat Hanno Hurth zum Teil mit Ehepartnern, der ehemalige Kreisrat Helmut Reibold und Silke Tebel-Haas von der Europa- und Pressestelle des Landratsamtes.
Der 30 Fahrminuten nordöstlich von Tel Aviv liegende Partnerlandkreis zählt in seinen 31 Siedlungen rund 30.500 Einwohner auf einer Fläche von 95 Quadratkilometern. Am ersten Abend war die Delegation zu einem offiziellen Abend mit Folkloretanz einer Jugendgruppe und Chorgesang eingeladen. Moti Delgo, Landrat von Drom Hasharon, betonte, dass „der Freundschaftsbund zwischen dem Landkreis Emmendingen und Drom Hasharon besondere Bedeutung für den Kontakt zwischen den beiden Völkern aufgrund des historischen Hintergrundes hat“. Auch Monika Iwersen, stellvertretende deutsche Botschafterin in Israel lobte die aktive und herzliche Partnerschaft und zeigte sich begeistert über das Engagement aus beiden Ländern.
Neben dem Festakt absolvierte die Delegation ein umfangreiches Besichtigungsprogramm mit Schulen, einem Kibbuz und einer Kläranlage im Partnerlandkreis. Als beeindruckend erlebte die Gruppe das Gespräch und die Berichte von und mit Nachfahren deutscher Einwanderer, deren Eltern in den 30er Jahren aus Europa nach Drom Hasharon flohen und die sich mit einfachen Mitteln eine Existenz aufbauten.
Anschließend verbrachte die Delegation zwei Tage im evangelischen Schulzentrum Talitha Kumi in Beit Jala im palästinensischen Autonomiegebiet. In Talitha Kumi werden derzeit ungefähr 900 Schüler vom Kindergarten bis zur zwölften Klasse unterrichtet, Schulleiter Lindemann informierte die Reiseteilnehmer auf einem Rundgang durch die Schule, in der auch das Deutsche Abitur absolviert werden kann. Von dort aus besichtigte die Delegation das bekannte Mauer-Hotel in Bethlehem mit der Ausstellung über den Konflikt zwischen Palästina und Israel. Ganz in der Nähe befindet sich ebenfalls das Caritas Baby Care Hospital, in dem Kinder unabhängig von ihrer Herkunft und Religion aus dem Westjordanland behandelt werden. Über 46.000 Behandlungen wurden 2016 stationär und ambulant durchgeführt, ebenfalls werden die Mütter über Krankheiten und Hygiene informiert. Bashir Qonquar, Leiter der PR-Abteilung des spendenfinanzierten Krankenhauses, bezeichnet die Arbeit des Krankenhauses für Kinder und Familien „im Konflikt im Nahen Osten als wichtigste humanitäre Aufgabe“.
Auch das Tent of Nation, ein internationales Friedensprojekt, eine halbe Fahrstunde südwestlich von Bethlehem entfernt, konnte besucht werden. Daoud Nassar und sein Bruder führten über den Weinberg, zeigten Olivenbäume und Feigen und die neue Zisterne auf dem rund 42 ha großen Grundstück seiner Familie. Seit 1991 beansprucht die israelische Regierung das Land der Nassars und weigert sich die Eigentumspapiere aus dem Osmanischen Reich vor 1918 anzuerkennen. Daoud Nassar ist auch nach über 25 Jahren mit Gerichtsprozessen keine Müdigkeit anzumerken: „Wir weigern uns, Feinde zu sein“, lautet sein Motto mit dem er sich – allen Hindernissen zum Trotz - unaufhörlich für eine friedliche Lösung mit Israel einsetzt und sogar ökologische Aspekte in seine Arbeit auf der Farm aufnimmt.
Besonders beeindruckend war das Gespräch mit dem Leiter der Konrad-Adenauer-Stiftung, Dr. Michael Borchard, in Jerusalem. Die israelische Gesellschaft werde religiöser und gleichzeitig nationale erklärte er in seinem Vortrag, den er durch zahlreiche empirische Erhebungen der Konrad-Adenauer-Stiftung belegte. Ebenfalls informierte er auch darüber, dass laut aktuellen Umfragen „rund 76 % der Israelis eine sehr hohe Meinung von Deutschen haben“ und sich das deutsch-israelische Verhältnis verbessert hat.
Am letzten Abend waren die Gäste aus dem Landkreis Emmendingen in den Garten von Moshe Radomski eingeladen. Moshe hat als Kreisrat von Drom Hasharon den Landkreis Emmendingen bereits sehr häufig besucht. Bei Musik und Essen wurden erneut viele Kontakte geknüpft und Freundschaften gefestigt, Geschenke ausgetauscht und gemeinsam getanzt. „Sehr beeindruckend, aber auch wichtig, war für mich die Begegnung mit Menschen beider Seiten, sowohl Israelis als auch Palästinenser. Ich habe auf beiden Seiten sehr gastfreundliche Menschen kennengelernt, das war unglaublich positiv. Aber der Nahost-Konflikt ist überall zu spüren, es wird leider kaum möglich sein, die Region zu befrieden, das macht sehr nachdenklich“, zieht Pia Lach, Vorsitzende der SPD-Fraktion im Kreistag und zum ersten Mal Teilnehmerin einer Delegationsreise nach Drom Hasharon ihr persönliches Fazit. Joachim Saar, Vorsitzender der CDU-Fraktion, und ebenfalls zum ersten Mal in Israel vor Ort ergänzt: „Meine Wahrnehmung ist, dass bei den israelischen Menschen, neben ihrem spürbaren Gefühl, ein Heimatland gefunden zu haben, noch immer der Pioniergeist zu spüren ist, gepaart mit dem Willen nicht nachzulassen das Land in friedlicher Koexistenz zu entwickeln und voranzubringen. Als persönliches Highlight hat mich beeindruckt, mich an den historischen Stätten auf biblischem Boden zu befinden."