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Burg in Riegel
Name: Burg Riegel
Gemarkung: Riegel
Gewann: Michaelsberg, Burg
Flurstück: 0-6876 (Michaelskapelle)
Typ:Turmburg?
Historischer Überblick
Als nordöstlicher Ausläufer des Kaiserstuhlmassivs dominiert der Michaelsberg weithin sichtbar die Riegeler Pforte, eine Engstelle in der Rheinebene zwischen Kaiserstuhl und Schwarzwald. Von dort aus konnte man die durch die Oberrheinebene verlaufenden Verkehrswege überblicken und kontrollieren. Eine Burg in Riegel wird erstmals im Jahr 1180 erwähnt: als Ausstellungsort einer Urkunde Herzog Bertolds IV. von Zähringen („in castro Riegol“). Angesichts der topographischen Verhältnisse ist anzunehmen, dass es sich dabei um einen Wohnturm mit Ringmauer gehandelt haben könnte. Archäologische Untersuchungen an der Michaelskapelle ergaben, dass zwischen dem 10. und frühen 12. Jahrhundert eine Kirche auf dem Berg errichtet worden war, die im Zuge der um die Mitte des 12. Jahrhunderts erfolgten Befestigung baulich verändert und zur Burgkapelle umgewidmet wurde. Herzog Bertold beurkundete damals eine Schenkung seines Dienstmanns Werner von Roggenbach. Diesem hatte Abt Rudolf II. von Einsiedeln (1142-1171) einige Jahre zuvor den wohl von den Zähringern eigenmächtig befestigten Platz überlassen. Die Abtei besaß in Riegel und Umgebung viele Güter, darunter den einstigen Königshof.
Die Vögte des Klosters waren vermutlich die Vorfahren der Herren von Üsenberg. Diese Breisgauer Adelsfamilie gelangte nach dem Aussterben der Zähringer im Jahr 1218 in den Besitz der Burg in Riegel. Die Urkunde, welche die Brüder Burkard II. und Rudolf II. von Üsenberg dort („in castro Rieggol“) ausstellten, datiert vermutlich aus dem Jahr 1238. Im Rahmen einer Herrschaftsteilung um 1290 fiel die Burg an Hesso IV. und war seither Bestandteil der Oberen Herrschaft Üsenberg, zu der auch die Stadt Endingen, die Burg Höhingen (bei Achkarren) sowie Güter und Rechte in Forchheim, Eichstetten, Bahlingen und weiteren Orten gehörten. Seine Söhne Burkard III. und Gebhard führten zu Beginn der 1320er-Jahre eine Fehde gegen die Herren von Falkenstein, die unter anderem von dem Grafen von Freiburg und den Bürgern von Freiburg unterstützt wurden. Die Üsenberger mussten sich 1322 einem Schiedsspruch unterwerfen, der die beiden Brüder zu hoher Schadensersatzleistung und Gebhard zur Verbannung verurteilte.
Bei seinem Tod im Jahr 1334 hinterließ Burkard III. von Üsenberg Schulden und so verpfändete Markgraf Heinrich IV. von Hachberg als Vormund seiner minderjährigen Kinder zwei Jahre später die Burgen Höhingen und Riegel sowie die Dörfer Eichstetten und Riegel und weitere Besitzungen an die Städte Freiburg und Endingen. 1346 öffnete Burkards Sohn Johann von Üsenberg, der zwischenzeitlich wieder in den Besitz der Burg Riegel gelangt war, diese den Freiburger Bürgern für militärische Zwecke und stellte dies auch für Endingen und Höhingen in Aussicht, sobald er in deren Besitz käme. Schließlich verkaufte Johann die Anlage dem Freiburger Ritter Hesse Snewelin im Hof, der als Inhaber von Burg und Dorf Riegel im Juli 1356 ein Bündnis mit der Stadt Freiburg einging. Dieses Bündnis sollte auch im Fall eines Besitzerwechsels aufrechterhalten werden, der dann auch tatsächlich eintrat. Hesse Snewelin im Hof war einer der Sachwalter des Vermögens des Freiburger Bürgers Johann Malterer, der 1353 den Hof des Klosters Einsiedeln in Riegel erworben hatte. Tatsächlich sind Burg und Dorf Riegel 1374 im Besitz seiner Erben belegt. Seine Enkelin Elisabeth Malterer und ihr Ehemann Markgraf Otto von Hachberg verpfändeten damals diese beiden Objekte für 1500 Mark Silber an den Grafen Ulrich von Württemberg. Von württembergischen Besitzrechten ist später nicht mehr die Rede. Die Ortsherrschaft in Riegel wurde unter den Nachkommen Johann Malterers, den vier Töchtern seines Sohnes Martin Malterer und den sieben Kindern seiner Tochter Margarethe von Blumeneck, aufgeteilt. Die Anteile („Elftel“) gelangten durch Erbgang oder Verkauf an weitere Besitzer. Die Burg in Riegel wird beiläufig 1399 und 1407 nochmals erwähnt, dann verschwindet sie aus den Quellen. Zu welchem Zeitpunkt und aus welchen Gründen sie aufgegeben wurde, ist nicht bekannt.
Baugeschichtlicher Überblick
(Die Zahlen in Klammern finden sich auf der Karte wieder.)
Die Michaelskapelle bezeichnet heute den Standort der ehemaligen Burg, die bereits im Spätmittelalter (vermutlich um 1400) abgegangen ist. Die Anlage gliederte sich in zwei Bereiche, die teilweise noch immer in der Topografie zu erkennen sind: den eigentlichen Burgberg (1) (heute: Kapellenberg), mit nördlich und südlich begrenzenden Gräben, und die „vordere Burg“ (2). Die „hintere Burg“ (3) dürfte im Mittelalter eher zu den landwirtschaftlich genutzten Flächen gehört haben, weist aber Funde der späten Urnenfelder- bis frühen Hallstattzeit (ca. 8. Jahrhundert v. Chr.) auf.
Zur Sicherung des eigentlichen Burgbergs (1) wurde im Süden ein tiefer Halsgraben (4) angelegt. Der Aushub diente zur Auffüllung und Gestaltung eines 2,5 - 3 m höheren Plateaus als Bauplatz der Burg, das sich direkt an die Südwand der Kapelle anschloss. Die bereits seit dem 10./11. oder 12. Jahrhundert bestehende Michaelskapelle wurde in die Burganlage mit einbezogen und der zugehörige Friedhof aufgegeben. Damit verlor die Kapelle ihren einstigen Status als Pfarrkirche und übernahm die Funktion einer Burgkapelle. Das Ensemble war von einer Ringmauer umgeben, die nur noch in geringen Resten erhalten ist (ein Mauerblock neben dem Chor der Kirche und ein kurzer Abschnitt im Gebüsch oberhalb des heutigen Aufgangsweges). Die neuzeitliche Friedhofsmauer verläuft in ihrem südlichen Abschnitt oberhalb des tiefen Halsgrabens etwa im Bereich der zerstörten Ringmauer. Über die Baugestalt und Baugeschichte der Burg Riegel lässt sich aufgrund fehlender historischer Abbildungen und archäologischer Untersuchungen keine zuverlässige Aussage treffen. Die heutige Forschung geht aufgrund des Platzmangels auf dem Kapellenberg von einer einfachen Turmburg mit Ringmauer aus, die es im 12. Jahrhundert in der Region nicht selten gab.
Das Areal der „vorderen Burg“ (2), zugleich ehemaliger Zugang zur Anlage, erstreckte sich nördlich des eigentlichen Burgbergs. Große Teile dieser Fläche wurden im Zuge der Flurbereinigung zerstört. Ebenso ist der ehemalige Burggraben zum Kapellenberg zugeschüttet worden. Im vorderen Bereich dieser Anlage befindet sich die Flur „Kapf“, auf der ein weiteres Vorburgareal vermutet wird.
Die „hintere Burg“ (3) liegt südlich des Kapellenbergs und ist von diesem durch den tiefen Halsgraben abgetrennt. Der Flurname geht vielleicht auf mittelalterliche/neuzeitliche Wirtschaftsflächen „hinter der Burg“ zurück. Das Gelände wird heute für den Weinbau genutzt und ist durch eine Flurbereinigung überprägt.
Insgesamt lassen die Topographie und die Oberflächenfunde des 13.-15. Jahrhunderts die Ausdehnung der Burg noch erkennen. Die im 20. Jahrhundert vorgenommenen Planierungen auf der Vorburg im Norden und auf der Fläche südlich der Befestigung haben jedoch stark in die Substanz des Bodendenkmals eingegriffen.
Quellen
Landesarchiv Baden-Württemberg, Hauptstaatsarchiv Stuttgart A 602 Nr. 6107 = WR 6107.
Stadtarchiv Freiburg B 2, Nr. 2, fol. 71r-v.
Fürstenbergisches Urkundenbuch. Sammlung der Quellen zur Geschichte des Hauses Fürstenberg und seiner Lande in Schwaben. Bd. 5: Quellen zur Geschichte der fürstenbergischen Lande in Schwaben vom Jahre 700-1359, bearb. Von Sigmund Riezler, Tübingen 1885, Nr. 108, S. 68-69.
Parlow, Ulrich: Die Zähringer. Kommentierte Quellendokumentation zu einem südwestdeutschen Herzogsgeschlecht des hohen Mittelalters, Stuttgart 1999, Nr. 466, S. 294-295.
Urkundenbuch der Stadt Freiburg im Breisgau, Bd. I/2, Freiburg im Breisgau 1828, Nr. 118, S. 245-248, Nr. 162, S. 324-326, Nr. 187, S. 362-364.
Urkundenbuch der Stadt Basel, Bd. 1, bearb. von Rudolf Wackernagel und Rudolf Thommen, Basel 1890, Nr. 149, S. 104.
Literatur
Andrae-Rau, Ansel-Mareike: Beobachtungen zur Burgen- und Städtepolitik der Herren von Üsenberg im 13. Jahrhundert, in: Das Markgräflerland 2 (2003). Burgen, Märkte, kleine Städte. Mittelalterliche Herrschaftsbildung am südlichen Oberrhein. Tagung des Historischen Seminars Abteilung Landesgeschichte an der Universität Freiburg und der Stadt Neuenburg am Rhein 11. und 12. Oktober 2002, Schopfheim 2003, S. 112-129.
Hunsicker, Saskia: Die Riegeler Burg, in: Der Riegeler Almanach 25 (2015), S. 76-79.
King, Stefan, Wagner, Heiko, Jenisch, Bertram: Eine Landmarke am Rande des Kaiserstuhls. Archäologische und bauhistorische Untersuchungen an der Michaelskapelle bei Riegel, in: Denkmalpflege in Baden-Württemberg 41 (/2012), S. 95-100.
Michels, Mechthild: 7000 Jahre Riegel am Kaiserstuhl, hg. von der Gemeinde Riegel, Waldkirch 1993.
Nehlsen, Hermann: Die Freiburger Familie Snewlin. Rechts- und sozialgeschichtliche Studien zur Entwicklung des mittelalterlichen Bürgertums, Freiburg im Breisgau 1967.
Wagner, Heiko, Jenisch, Bertram: Der zähringische Zugriff im Befund. Die Michaelskapelle von Riegel, Kreis Emmendingen, in: Archäologische Ausgrabungen in Baden-Württemberg 2008, Stuttgart 2009, S. 243-246.
Wagner, Heiko, King, Stefan, Jenisch, Bertram: Ein Wahrzeichen des Breisgaus in neuem Licht. Überlegungen zur Baugeschichte der Michaelskapelle in Riegel auf der Grundlage archäologischer und bauhistorischer Untersuchungen, in: Schau-ins-Land 27 (2010), S. 27-54.
Wagner, Heiko: Riegel, in: EBIDAT – die Burgendatenbank.
Zettler, Alfons, Person-Weber, Gerlinde: Riegel (EM), in: Zettler, Alfons, Zotz, Thomas (Hrsg.): Die Burgen im mittelalterlichen Breisgau, II. Nördlicher Teil, Halbband L-Z, Ostfildern 2003, S. 353-363.