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Burgen im Landkreis Emmendingen
Burgen stellen eine eigenständige Bauform des Mittelalters dar, die zwischen dem 8./9. und dem 15. Jahrhundert in Bezug auf Funktion und äußere Gestalt einem Wandel unterworfen war. Sie fungierten als Wohnsitz und Herrschaftszentrum einer adligen Familie, dienten dem Bedürfnis der Repräsentation und erfüllten geostrategische und militärische Zwecke, etwa die Kontrolle von Verkehrswegen und Zollstationen und den Schutz von Siedlungen, Bergbaustätten oder Besitzungen geistlicher Institutionen im Rahmen einer Schirmvogtei. Vorräte zur Versorgung von Mensch und Tier, Wein, bei Bedarf Wasser, Brennholz oder Baumaterial lieferten abhängige Untertanen aus den umliegenden Dörfern.
Aus dem 12. bis 14. Jahrhundert
Die meisten heute noch als Ruinen erhaltenen Anlagen stammen aus dem 12. bis 14. Jahrhundert und gehören in die Blütezeit dieser Architektur. Die typische Burgenform des hohen Mittelalters ist die kleinräumige Adelsburg. Das Kernstück dieser Befestigung ist ein mächtiger Bergfried (Hauptturm), der bei Gefahr als letzte Zufluchtsstätte dienen sollte. Als eigentlicher Wohnbau diente ein repräsentatives Steingebäude, der Palas, der den Hauptbau der Anlage darstellte. In ihm befand sich zumeist ein großer Saal, der Mittelpunkt des gesellschaftlichen Lebens. Als wichtige Verteidigungseinrichtung dienten eine Ringmauer sowie eine dazugehörige Toranlage, die beide auch repräsentative Zwecke erfüllten. Manche Burgen wurden im 14./15. Jahrhundert zusätzlich durch eine (sie umgebende) Zwingeranlage gesichert. Ein typisches Beispiel für solche Anlagen ist die Kastelburg bei Waldkirch.
Die Wahl des Bauplatzes war grundlegend: Es gab Niederungsburgen, die in flachem Gelände errichtet wurden und Höhenburgen. Die meisten Burgen dieser Zeit entstanden in Höhenlagen, entweder direkt auf dem Gipfel eines Berges (Gipfelburg) oder auf einem Bergsporn mit auf drei Seiten steil abfallenden Hängen, wobei die gefährdete Bergseite durch einen sogenannten Halsgraben (oder einen Bergfried-Schildmauer-Komplex) zusätzlich gesichert werden musste. Selten nur entstanden Burgen in Hanglage (Hangburg).
25 Burganlagen
Im Landkreis Emmendingen sind 25 Burganlagen durch archäologische Befunde oder Belege in schriftlichen Quellen nachweisbar. Darüber hinaus konnte die Forschung rund 80 weitere Plätze identifizieren, an denen ein Burgenbau wahrscheinlich oder möglich erscheint. Hinweise ergeben sich aus der Geländeform (künstlich aufgeschüttete Hügel, Wall- und Grabenanlagen) - sichtbar auf Luftbildern und Geländemodellen auf der Grundlage von flugzeuggestützten Laserscans der Landschaft (LIDAR) - , aus geophysikalischen Prospektionen zur Darstellung von Strukturen im Boden (geoelektrische und geomagnetische Kartierung, Bodenradar), aus aufgehendem Mauerwerk und Ausgrabungen (Fundamentreste, Ziegelfragmente, Mörtelreste etc.), aber auch aus Schriftquellen, Flurnamen, historischen Gemarkungsplänen und älteren bildlichen Darstellungen.
Die ältesten Burganlagen im Landkreis Emmendingen stammen vermutlich aus dem 11. Jahrhundert (z. B. die heute abgegangenen Burgen in Nimburg und Kenzingen). Manche Burgen wurden bereits im Spätmittelalter wieder aufgegeben und verfielen. Andere wie die Hochburg und die Kastelburg wurden noch in der Frühen Neuzeit als Verwaltungssitz genutzt. Militärtechnische Entwicklungen zeigen sich am Ausbau der Anlagen zu Bastionen im 16. und 17. Jahrhundert, ein prägnantes Beispiel dafür ist die Hochburg. Im 17. Jahrhundert war das Oberrheingebiet Schauplatz mehrerer kriegerischer Ereignisse. Während des Dreißigjährigen Kriegs (1618-1648) befanden sich die benachbarten Landesherren, die Markgrafen von Baden und die Habsburger, in gegnerischen Lagern. Seit 1639 besaß Frankreich durch die Eroberung der Festung Breisach einen Stützpunkt in der Region. Im Französisch-Holländischen Krieg (1672-1679) standen sich kaiserliche und französische Truppen im Breisgau gegenüber. Im Pfälzischen Erbfolgekrieg (1688-1697) ließ der französische König die grenznahen Gebiete entmilitarisieren. Infolge dieser Kriegseinwirkungen wurden alle bestehenden Festungsanlagen, in denen noch Mannschaften stationiert waren, zerstört.
Jeden Monat stellen wir auf diesen Seiten eine Burg im Landkreis Emmendingen in Wort und Bild vor. Der historische Überblick ist von Bettina Fürderer verfasst, der baugeschichtliche Überblick stammt von Annika Lindenberg. Fachbegriffe werden im Glossar erklärt.