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Kastelburg
Historischer Überblick
Die Kastelburg wird 1289 als Ausstellungsort einer Urkunde der Herren von Schwarzenberg erstmals namentlich genannt. Die Bauweise des Bergfrieds deutet allerdings auf eine Entstehungszeit um die Mitte des 13. Jahrhunderts hin. In diese Zeit fällt auch die Gründung der Stadt Waldkirch am Fuß des Berges, auf dem die Burg errichtet wurde. Nach 1215 hatten Adelheid von Schwarzenberg und ihr Mann Walter von Eschenbach-Schnabelburg, der einer Adelsfamilie aus dem Raum Zürich angehörte, das Erbe Konrads IV. von Schwarzenberg im Elztal angetreten. Die Nachkommen des Paars benannten sich bald nach Schwarzenberg. Sie folgten Konrad als Vögte des Klosters St. Margarethen nach und bauten ihre Herrschaft auf Kosten des Konvents aus.
Um 1290 vollzogen Johann I. von Schwarzenberg und sein Neffe Wilhelm eine Herrschaftsteilung, Johann erhielt die Kastelburg, Wilhelm die ältere Burg Schwarzenberg, auch die zunächst gemeinschaftlich besessenen Städte Waldkirch und Elzach wurden später unter den beiden Linien aufgeteilt. Die organisatorische Trennung blieb nach dem Aussterben des Schwarzenberger Zweigs und der Vereinigung der Herrschaften Kastelburg und Schwarzenberg Ende der 1340er-Jahre bestehen. Infolge finanzieller Schwierigkeiten mussten Burg und Herrschaft Kastelberg, die zu einem unbekannten Zeitpunkt unter die Lehensherrschaft der Herzöge von Österreich aus dem Hause Habsburg gekommen waren, im Jahr 1354 an Martin Malterer aus Freiburg verpfändet werden. Malterer, der über ein großes Vermögen verfügte und in habsburgischen Diensten aufstieg, fiel 1386 auf Seiten Herzog Leopolds III. von Österreich in der Schlacht von Sempach im Krieg gegen die eidgenössischen Orte. Die Herrschaft Kastelburg gelangte daraufhin in den Pfandbesitz verschiedener habsburgischer Gefolgsleute. Die Verpfändung von Herrschaftsrechten war ein gängiges Mittel, um den Finanzbedarf zu decken oder Dienste zu vergüten. Durch vertragliche Vereinbarungen wie z. B. das Recht der Pfandauslösung oder das Öffnungsrecht für militärische Zwecke konnte der Pfandgeber in der Regel die Kontrolle über das Objekt sicherstellen.
Von 1396 an besaß Graf Hermann von Sulz die Herrschaft Kastelburg. Um Schulden bei Herzog Leopold IV. von Österreich einzutreiben, bedrängte der Graf von der Burg aus die habsburgischen Besitzungen im Breisgau. 1406 kam es zum Ausgleich und Hermann wurde das Amt des habsburgischen Landvogts übertragen. 1429, zwei Jahre vor seinem Tod, trat Graf Hermann von Sulz Güter der Herrschaft Kastelberg und die Stadt Waldkirch als Pfandschaft an Bertold von Staufen ab. Dieser stellte auch Ansprüche an die Kastelburg, doch Hermanns Sohn Rudolf wollte sie nicht räumen. Schließlich nahm der habsburgische Landvogt Smassmann von Rappoltstein sie in Besitz, bis 1442 die Herren von Staufen durch Kaiser Friedrich III. aus dem Haus Habsburg als Inhaber von Burg und Herrschaft bestätigt wurden. Ihre Pfandherrschaft blieb über ein Jahrhundert lang bestehen, lediglich in den 1460er-Jahren versetzten sie die Kastelburg einige Zeit an den Markgrafen Karl von Baden. Zu Beginn des 16. Jahrhunderts brach ein Feuer auf der Anlage aus, der Bergfried brannte aus und auch der Palas erlitt Schäden. Im sogenannten Bauernkrieg verschonten die Aufständischen 1525 nach Verhandlungen mit der Stadt Waldkirch die Burg.
Die Herren von Staufen hatten ohne Einwilligung der Herrschaft Bau- und Reparaturmaßnahmen an der Kastelburg vornehmen lassen. Als die Habsburger die Auslösung der Pfandschaft in die Wege leiteten, stritten beide Seiten jahrelang um die Kompensation der Aufwendungen. 1566 zahlte Erzherzog Ferdinand II. von Österreich die Pfandsumme zurück. Die Burg wurde bis zu ihrer Zerstörung im Dreißigjährigen Krieg als Verwaltungssitz und Gefängnis genutzt. 1632 wurde die Kastelburg von den gegnerischen markgräflichen Truppen besetzt, die sie nach kurzer Belagerung Ende Februar 1634 den kaiserlichen Truppen gegen freien Abzug übergaben. Diese konnten sich jedoch nur kurze Zeit halten und steckten die Burg vor ihrem Rückzug nach Freiburg Mitte März in Brand.
In den 1840er-Jahren kam die Burgruine als Ausflugsziel in den Blick. Seither wurden immer wieder Sicherungsmaßnahmen durchgeführt, um die Anlage begehbar zu halten. Dabei scheute man vor Eingriffen in die originale Bausubstanz nicht zurück. In den vergangenen 20 Jahren wurden mit Mitteln der Stadt Waldkirch, in deren Besitz sich die Burg heute befindet, Zuschüssen der Denkmalpflege und Spenden umfassende Sanierungsarbeiten durchgeführt, der das Mauerwerk schädigende Bewuchs entfernt und die Folgen unsachgemäßer Reparaturen behoben, offene Fugen geschlossen und Fehlstellen, die die Statik beeinflussten, ergänzt. Das Projekt wurde durch die 2002 gegründete Arbeitsgemeinschaft „Kastelburg in Not“ unterstützt, die auch heute noch die Anlage ehrenamtlich pflegt.
Baugeschichtlicher Überblick
(Die Zahlen in Klammern finden sich auf dem Grundrissplan wieder.)
Auf einem Bergsporn über der Stadt Waldkirch liegt gut geschützt die Kastelburg. Drei Vorwälle und ein Halsgraben (1) dienen als Annäherungshindernisse, sie trennen das Burgareal von der nördlich anschließenden Bergseite. Von hier aus erfolgt der Zugang zur Unterburg (2) über eine Brücke (3), von der noch ein Pfeiler in Teilen erhalten ist.
Eine Ringmauer (4) umgibt die gesamte Anlage. In der Nordecke des unteren Burghofs, neben dem ehemaligen Eingang, finden sich Mauerreste eines Gebäudes, das wegen seiner Lage als Torhaus (5) gedeutet wird. Balkenlöcher in der westlichen Ringmauer lassen vermuten, dass sich mindestens ein weiteres Gebäude unbekannter Funktion in der Unterburg befunden haben muss.
Der Weg in die Oberburg (6) führt durch den unteren Burghof, vorbei an einer kleinen Bastion (7) in der südlichen Ringmauer und mündet schließlich in einen Bereich, der als Torzwinger mit Wegerampe (8) gedeutet wird. In der Mitte dieses Komplexes, an der Außenseite der Burgmauer, befindet sich ein Anbau (9), der ursprünglich wohl als Abortturm (Abort) diente und mit dem ersten Obergeschoss des Palas, dem eigentlichen Wohngebäude der Burg, verbunden war. Von hier aus erfolgt der Zugang (10) zur Oberburg. Ein im 19. Jahrhundert vergrößertes Eingangstor in der Ostseite des Palas führt in den inneren/oberen Burghof, der von mehreren Gebäuden umstanden war.
Mit einer Höhe von 28 m, einem Grundriss von 12x12 m und einer Mauerstärke von bis zu 4 m ist der Bergfried (11) das am besten erhaltene Bauwerk der Gesamtanlage. Der Turm gliedert sich in 5 Geschosse und eine abschließende Plattform. Das Mauerwerk besteht aus Bruchsteinen (Gneis), die Ecken aus Buckelquadern (Buntsandstein). Aufgrund von Unterschieden in der Steinbearbeitung und anders gestalteten Fenstern u. a. werden zwei Bauphasen bzw. eine sekundäre Aufstockung des Turms angenommen. Einige Meter über dem Burghof befindet sich in der Südwestwand der ursprüngliche Eingang (12) in das Gebäude. Dieser sog. Hocheingang konnte zunächst vermutlich über einen hölzernen Treppenbau erreicht werden, später zu Beginn des 16. Jahrhunderts dann durch einen steinernen Treppenturm. Das unterste, unbewohnte Geschoss diente wohl einst als Lagerraum oder Verlies. Im zweiten Stockwerk zeugen Kaminreste in einer Wand von einem beheizbaren Raum. Im Geschoss darüber sind auf einer verputzten Fläche Graffiti, darunter ein Mühlespiel, zu erkennen. Das oberste Stockwerk (15./16. Jahrhundert) besteht aus einer Plattform mit Zinnen, die vermutlich auf der Nord- und Südseite mit Giebeln für ein Satteldach übermauert wurden. Ein Altarbild aus dem 17. Jahrhundert (heute im Elztalmuseum, Waldkirch) zeigt den Bergfried der Kastelburg mit Giebeln für eine entsprechende Dachkonstruktion.
Der Palas (13) ist noch in Teilen erhalten. Er bestand ursprünglich aus einem Keller-, einem Erd- und zwei Obergeschossen. Die noch stehenden Außenwände sind mit verschiedenartig gestalteten (Fenster-)Öffnungen versehen, die teilweise mit Sandsteinblöcken eingefasst sind. An die Südwestseite des Palas wurde im 15./16. Jahrhundert ein Rondell (14) angebaut, das vermutlich den Zugangsbereich zur Oberburg sichern sollte.
In der Oberburg befanden sich neben dem Bergfried und dem Palas noch zwei weitere Gebäude. Eines davon (Gebäude 15) war eingebaut zwischen äußerer Umfassungsmauer und Bergfried. An der Südostwand des Turms sind noch Spuren von Giebelverläufen erkennbar, die auf zwei Satteldächer/zwei Bauphasen des Gebäudes hinweisen. Ein weiteres Gebäude (16) bestand zwischen nördlicher Palaswand und Bergfried, von dem keine Reste mehr erhalten sind. Nur Mauerrücksprünge (Rücksprung), die in einigen Metern Höhe ein ehemaliges Obergeschoss andeuten und die Ruinen eines Treppenturms, durch den der Hocheingang des Bergfrieds erreichbar war, sind noch zu erkennen.
Literatur
Bigott, Boris, Haasis-Berner, Andreas: Waldkirch (EM), in: Zettler, Alfons, Zotz, Thomas (Hrsg.): Die Burgen im mittelalterlichen Breisgau, I. Nördlicher Teil, Halbband L-Z, Ostfildern 2006, S. 470-496.
Bender, Helmut, Knappe, Karl-Bernhard, Wilke, Klauspeter: Burgen im südlichen Baden, Freiburg im Breisgau 1979, S. 78-84.
Haasis-Berner, Andreas: Das Kloster St. Margarethen in Waldkirch. 500 Jahre klösterliches Leben im Elztal, Waldkirch 2017.
Haasis-Berner, Andreas, Baumstark, Hubert, Jenisch, Bertram, Platte, Judith: Die Kastelburg über Waldkirch. Dank bürgerschaftlichem Engagement und fachkundiger Begleitung vor dem Verfall gerettet. In: Nachrichtenblatt der Denkmalpflege in Baden-Württemberg 3/2019, S. 134-140.
King, Stefan: Ausgebrannt und aufgestockt. Der Bergfried der Kastelburg bei Waldkirch. In: Nachrichtenblatt der Denkmalpflege in Baden-Württemberg 3/2019, S. 141-146.
Rambach, Hermann: Die Kastelburg bei Waldkirch, Beiträge zur Geschichte der Stadt Waldkirch, Waldkirch 2. Auflage 1969.
Wagner, Heiko: Burgenführer Oberrhein. 66 Burgen von Karlsruhe bis Basel, Stuttgart 2003, S. 76-77.
Wagner, Heiko: Frühe Burgen in Südbaden. Prospektionsergebnisse als Bausteine für die Landesgeschichte, in: März, Magdalena (Hrsg.): Neues zur Burgenerfassung und Burgenforschung in Baden-Württemberg. Beiträge der Tagung in Esslingen am Neckar, 10. bis 12. November 2016, Europäisches Correspondenzblatt für interdisziplinäre Castellogie, Band 4, Marburg a. d. Lahn 2018, S. 333-365.
Wagner, Heiko: Kastelburg, in: EBIDAT – Die Burgendatenbank.