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Kleindenkmal: Gipfelkreuz in Yach
Steckbrief:
Gemeinde: Elzach
Gemarkung: Yach
Standort: Braunhörnle
Typ: Gipfelkreuz
Beschreibung: Circa 9 Meter hohes Gipfelkreuz aus Holz, 1934 von der Kolpingsfamilie Elzach errichtet. Metalltafel mit eingetiefter Inschrift an dem mit Metall verstärkten Kreuzfuß.
Weitere Infos zum Kleindenkmal
Im Jahr 1907 gründeten sechzehn Handwerksgesellen in Elzach einen Katholischen Gesellenverein. Diese Gesellenvereine gehen auf die Initiative des Priesters Adolph Kolping zurück, der Mitte des 19. Jahrhunderts ledigen Handwerksgesellen auf Wanderschaft soziale Unterstützung, berufliche Bildung und moralischen Halt bieten wollte. Im Laufe der Zeit bildete sich eine mehrstufige Verbandsstruktur aus, von den örtlichen Vereinen unter Leitung eines geistlichen Vorstands (Präses) bis hin zum internationalen Gesamtverband, dem heutigen Kolpingwerk mit Sitz in Köln. Der Erste Weltkrieg stellte nicht nur in Elzach eine Zäsur im Vereinsleben dar, ein Großteil der Mitglieder wurde zum Kriegsdienst einberufen, viele der jungen Männer kamen ums Leben. In der Zeit der Weimarer Republik erfuhr der Elzacher Verein neuen Aufschwung und zeichnete sich durch ein vielfältiges Freizeitangebot im Bereich Bildung, Theater, Sport und Musik aus.
Die Verbandsspitze der Katholischen Gesellenvereine fühlte sich den Prinzipien der Demokratie und des Völkerfriedens verbunden. Der Generalsekretär Johannes Nattermann erklärte 1930 die Mitgliedschaft im Katholischen Gesellenverein und in der NSDAP für unvereinbar, bemühte sich aber gleichzeitig, auch deren Sympathisanten Anknüpfungspunkte zu bieten. Eine ähnliche Strategie verfolgte man auf lokaler Ebene. Vikar Albin Bächle, der damalige Präses des Gesellenvereins in Elzach, einer Hochburg der Zentrumspartei, galt bei der Leitung der NSDAP-Ortsgruppe als „Anführer“ der „schlimmsten Gegner der N.D.S.A.P. in Elzach“. Wie sie der Kreisleitung am 25. Mai meldete, verfolgte Bächle mit seinen Bemühungen, Kinder und Jugendliche von Hitlerjugend und Jungvolk abzuwenden, ein Ziel: „Offensichtlich soll damit unsere auf der ganz exponierten Stellung stehende Ortsgruppe unterdrückt und jegliche nationalsozialistische Ausdehnung schon von Grund auf unterbunden werden.“ Seitens des Badischen Kultusministeriums wurde daher im September 1933 die Versetzung Bächles gefordert. Im gleichen Monat empfahl der Vorstand des Elzacher Gesellenvereins dem Freiburger Erzbischof Conrad Gröber den Vikar als Kandidaten für die vakante Pfarrei und verwies auf Bächles Engagement für das katholische Vereinsleben in der Stadt. So sei unter ihm als Präses die Zahl der Mitglieder des Gesellenvereins auf 80 Personen angestiegen und kürzlich neben der Jugend-, Turn- und Gesangsabteilung eine KWG-Abteilung eingerichtet worden. Die KWG („Kolpings wandernde Gesellen“) war eine Gruppierung innerhalb des Gesamtverbands, die 1931 durch den Zusammenschluss der einzelnen Wandergruppen entstanden war und uniformiert auftrat.
Im Zuge der Gleichschaltung ging das NS-Regime im Juli 1933 auch gegen die katholischen Vereine vor. Nach Artikel 31 des Reichskonkordats zwischen dem Heiligen Stuhl und dem Deutschen Reich vom 20. Juli 1933 waren nur noch die katholischen Organisationen in ihrem Bestand gesichert, die „ausschließlich religiösen, rein kulturellen und karitativen Zwecken dienen“. Verbände, die darüber hinaus soziale oder berufsständische Aufgaben erfüllten, durften sich nicht parteipolitisch engagieren. In der Folge wurde der deutsche Gesamtverband der Gesellenvereine umstrukturiert und in Deutsche Kolpingsfamilie umbenannt. Er beschränkte seine Tätigkeiten auf den kirchlichen Bereich und öffnete sich gleichzeitig weiteren Personenkreisen wie den älteren und verheirateten Mitgliedern („Gruppe Altkolping“) sowie den selbständigen Handwerksmeistern („Meisterverein“).
Unter dem Eindruck der zunehmenden Repression entwickelte sich Anfang 1934 aus dem Kreis der KWG Elzach heraus der Plan, auf dem Braunhörnle ein Kreuz mit der Inschrift „Sühne und Kolping 33 – 1933“ zu errichten. Bezug nehmend auf die Kreuzigung Jesu sollte es die Menschen zur Sühne mahnen. Im Juli 1934 konnte das 9 m hohe und 4 m breite Holzkreuz aufgestellt werden. Anlässlich einer Hörnlebergwallfahrt fand am 2. September die Weihe des Kreuzes durch den Präses Vikar Albin Bächle statt. Viele Menschen nahmen an der Zeremonie teil. Zwei Tage später verließ Bächle seine Stelle in Elzach, er war nach Karlsruhe versetzt worden.
Die Kolpingsfamilien sahen sich in ihrer Arbeit zunehmend eingeschränkt, ihre Mitgliederzahlen gingen zurück, viele Vereine auf lokaler und regionaler Ebene mussten aufgehoben werden. Die Elzacher Kolpingsfamilie wurde im August 1940 durch die Gestapo aufgelöst und das Vereinsvermögen beschlagnahmt. Ihre Neugründung erfolgte bald nach Kriegsende im Juni 1945. Am 1. Mai des darauffolgenden Jahres führte sie wieder eine Wallfahrt auf den Hörnleberg und zum Kreuz auf dem Braunhörnle durch.
Das Gipfelkreuz wurde 1969 und 2015 erneuert, eine Gedenktafel erinnert seit 2004 an seine Ersteller. Am Fuß des Kreuzes bietet sich ein herrlicher Ausblick auf das Tal, Tische und Bänke laden zum Verweilen und Innehalten ein.
Quellen und Literatur:
Erzbischöfliches Archiv Freiburg, B 2 NS-70 (Beschwerden gegen Geistliche, 1933), B 4-2312 (Elzach, Pfarreibenefizium, 1883-1943), B 4-2308 (Elzach, Kirchenvisitationen, 1840-1943).
Haumann, Heiko: Eine „Judenaktion“ 1938 in Elzach. Die Ausschreitungen gegen die Familie Türkheimer – Hintergründe, Verantwortung, Folgen, Ubstadt-Weiher 2015.
Haumann, Heiko: Heil Kolping, Heil Hitler. Hakenkreuze im Elztal: Skepsis und Gewöhnung, in: Badische Zeitung, Lokalausgabe Elzach vom 24.07.2009.
Kolpingsfamilie Elzach: 75 Jahre Kolpingsfamilie Elzach 1907-1982, Elzach 1982.
Kolpingsfamilie Elzach: Das Sühnekreuz auf dem Braunhörnle, URL: vor-ort.kolping.de/kolpingsfamilie-elzach/das-suehnekreuz/ (Stand: 08.11.2019).
Kolpingsfamilie Elzach: Unsere Kolpingsfamilie von der Gründung bis heute, URL: vor-ort.kolping.de/kolpingsfamilie-elzach/unsere-kolpingsfamilie/ueber-uns/ (Stand: 08.11.2019).
Kolpingwerk Deutschland: Verbandsgeschichte, URL: www.kolping.de/fileadmin/user_upload/Ueber_uns/Verbandsgeschichte.pdf (Stand: 08.11.2019).
Marsh, Lisa: Gesamttabelle der erfassten Kleindenkmale des Landkreises Emmendingen, unveröffentlichte PDF-Datei des Landesamts für Denkmalpflege Baden-Württemberg, 2019.
Raem, Heinz-Albert: Katholischer Gesellenverein und Deutsche Kolpingsfamilie in der Ära des Nationalsozialismus, Mainz 1982.