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Kleindenkmal: Rebhäuschen in Denzlingen
Steckbrief
Gemeinde: Denzlingen
Gemarkung: Denzlingen
Standort: Gewann Einbollen
Typ: Rebhäuschen
Beschreibung:
Gebäude mit gemauerten, verputzten Wänden und leicht geschwungenem Satteldach, braune Biberschwanzziegel. Auf der südöstlichen Seite Inschriftentafel neben der Tür, Fenster auf der nordwestlichen und nordöstlichen Seite. Sonnenuhr an der südwestlichen Giebelwand.
Grundfläche: 3,9 m x 3,9 m
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Rebhäuschen mit Sonnenuhr in Denzlingen
Der Weinbau am Oberrhein hat eine jahrhundertealte Tradition. Als die Römer vom 1. bis 3. Jahrhundert n. Chr. die Region beherrschten, wurde Wein aus dem Mittelmeerraum importiert. Funde von Weintraubenkernen können dieser Zeit zugeordnet werden. Ob die Trauben vor Ort kultiviert wurden oder ebenfalls importiert werden mussten, ist unklar. Belege für eine lokale Weinproduktion gibt es bislang nicht. Die archäologische Forschung kann keine antiken Kelteranlagen im heutigen Baden-Württemberg nachweisen. Die klimatischen Bedingungen hätten den Anbau von Reben zwar erlaubt, doch unterlag der Weinbau in den römischen Provinzen strengen Beschränkungen.
Der Geschichtsschreiber Gregor von Tours erwähnt zum Jahr 589 im Neunten Buch seiner „Decem libri historiarum“ einen Weingarten im elsässischen Marlenheim. Die frühesten schriftlichen Belege für Rebflächen im heutigen Baden stammen aus dem beginnenden 8. Jahrhundert. Sie betreffen Schenkungen an kirchliche Einrichtungen. Somit spielt bei den Ersterwähnungen der Überlieferungszufall eine gewisse Rolle, da der Güterbesitz geistlicher Herrschaften im Frühmittelalter besser dokumentiert ist als der des Adels. In der Folgezeit breitete sich der Weinbau immer weiter aus und erreichte seinen Höhepunkt im 16. Jahrhundert. Seit dem 17. Jahrhundert gingen die Anbauflächen kontinuierlich zurück. Dazu trugen die Folgen des Dreißigjährigen Krieges bei. Ferner stiegen die Ansprüche an die Qualität des Weins, den man im Mittelalter zur Verbesserung des Geschmacks gerne mit Honig und Gewürzen versetzt hatte. Klimatisch ungünstigere Lagen wurden aufgegeben, der Weinimport nahm zu. Im 19. und 20. Jahrhundert verstärkten Kriegseinwirkungen, Arbeitskräftemangel als Folge der Industrialisierung sowie die Verbreitung von Schädlingen und Rebkrankheiten diese Entwicklung.
Seit wann in Denzlingen Rebflächen bewirtschaftet werden, ist nicht bekannt. Eine Schenkungsurkunde Ottos des Großen für den Bischof von Konstanz aus dem Jahr 962 erwähnt zwar den einst auf Gemarkung Denzlingen liegenden, heute abgegangenen Ort Maurach mit Äckern, Wiesen, Weiden, Wäldern und Weingärten, doch summarische Aufzählungen waren damals bei Güterübertragungen üblich und bezogen sich nicht auf konkrete Objekte. Den frühesten Hinweis auf einen Weingarten im Gewann Kalkacker liefert ein Lehensverzeichnis des Konstanzer Domkapitels aus der Mitte des 14. Jahrhunderts, dem der Mauracher Hof mit der dazugehörenden Kirche damals gehörte. Dem Eintrag in einem Güterverzeichnis des Chorherrenstifts St. Margarethen in Waldkirch zufolge rodete man um 1430 einen Eichwald in Denzlingen, um dort einen Weinberg anzulegen. Auf Gemarkungsplänen aus der Mitte des 18. Jahrhunderts sind im Bereich des Mauracher Bergs Rebflächen ausgewiesen. In einem rund 100 Jahre später entstandenen Gemarkungsplan sind zusätzlich Reben im Gewann Aigi am Einbollen kartiert.
Dem Vorschlag des Bezirksamts Emmendingen folgend, ließ die Gemeinde Denzlingen im Winter 1869/70 den Südhang des Einbollens roden, um einen Weinberg anzulegen. Die Fläche wurde in 345 Parzellen zu je 1/8 Morgen eingeteilt und für die Dauer von 40 Jahren an die Bürger verlost. Die Nutzung war mit der Auflage verbunden, die Grundstücke innerhalb von drei Jahren zu kultivieren. 1872 wurde auf dem Hang ein Rebhäuschen von dem Maurermeister Georg Gaus errichtet. Solche Hütten inmitten der Weinberge dienten als Unterstand oder zur Aufbewahrung von Gerätschaften. Verluste durch Frost und Mehltaubefall ließen den Weinbau in Denzlingen immer unrentabler werden. Die Gemeinde musste den Winzern im Einbollen wegen geringer Erträge die Pachtzinsen erlassen. Kurz vor Ablauf der Nutzungszeit waren nur noch 155 Parzellen mit Rebstöcken bepflanzt, daher beschloss die Gemeinde im Jahr 1910 den Verkauf der Rebflächen. Ein Teil wurde aufgeforstet oder für den Obstanbau genutzt, Wein produzierte man fast nur noch für den Eigenbedarf.
Quellen und Literatur:
Landesarchiv Baden-Württemberg, Abt. Generallandesarchiv Karlsruhe 21 Nr. 1509
Permalink: www.landesarchiv-bw.de/plink/
Landesarchiv Baden-Württemberg, Abt. Generallandesarchiv Karlsruhe H Denzlingen 1
Permalink: www.landesarchiv-bw.de/plink/
Landesarchiv Baden-Württemberg, Abt. Generallandesarchiv Karlsruhe H Denzlingen 2
Permalink: www.landesarchiv-bw.de/plink/
Landesarchiv Baden-Württemberg, Abt. Generallandesarchiv Karlsruhe H Denzlingen 5
Permalink: www.landesarchiv-bw.de/plink/.
Landesarchiv Baden-Württemberg, Abt. Generallandesarchiv Karlsruhe H-1 Nr. 320
Permalink: www.landesarchiv-bw.de/plink/.
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Geuenich, Dieter (Redaktion): Denzlingen. Eine alemannische Siedlung im Breisgau, hg. von der Gemeinde Denzlingen, Freiburg 1983.
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Strobel, Albrecht: Agrarverfassung im Übergang. Studien zur Agrargeschichte des badischen Breisgaus vom Beginn des 16. bis zum Ausgang des 18. Jahrhunderts, Freiburg/München 1972.
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